In diesem Jahr wurde Pernaus Sommerleben um einen einzigartigen Ort reicher – die heiße und peppige Miami Lounge öffnete in der Sommerhauptstadt die Türen. Für die farbenfrohe Innenarchitektur war das Innenarchitekturbüro A3 unter der Leitung von Aet Seire und Hillar Mänd verantwortlich, nach deren Konzept OCCO das Lokal eingerichtet hat. Sie beschreiben, wie das einzigartige Konzept verwirklicht wurde und was sie inspiriert hat.
Hillar: Dieses Gebäude kannte ich bereits: ein schmuddeliges Kaufhaus aus den 1950er Jahren, das sich an der stolzen Hauptstraße von Pernau befand und in den 1990er Jahren als Restaurant diente. Der Kunde behielt mehrere Immobilien in dieser Straße im Auge, aber auf den ersten Blick schien es ihm am wenigsten schmerzhaft und am rentabelsten, dieses Gebäude zu erwerben. Die Idee stand sofort fest, sowie der Name – Miami Lounge. Der erste Wunsch eines Innenarchitekten ist die Schaffung eines wohl funktionierenden Plans. Genau das haben wir mit Aet getan.
Dann stellte sich jedoch heraus, dass das Haus mit denjenigen Materialien gebaut worden war, an die man damals gekommen ist, und völlig am Ende war – die Balken waren verrottet usw. An seiner Stelle musste ein neues Gebäude gebaut werden, und Tanel Tuhal, ein guter und bekannter Pernauer Architekt, wurde samt seinem Büro mit aufs Bord genommen. Zu unserer Freude blieb der ursprüngliche Plan bestehen. Unser Plan wurde zur Ausgangsaufgabe und Grundlage für den Architekten. Normalerweise sieht der Entwurfsprozess eines Gebäudes umgekehrt aus.
Hillar: Der Wunsch des Kunden war es, ein modernes Lokal zu schaffen, das sich von andren Orten abheben würde – etwas ganz Neues. Die Inspiration kam aus Miami, Amerika, wo es viele verschiedene Rooftop-Bars gibt.
Selbstverständlich wollte der Kunde wahnsinnig viele Sitzplätze, und das gesamte Gebäude musste sowohl in Bezug auf das Budget als auch auf den Platz sehr rational sein. Damit die Küche die Menge an Menschen bedienen konnte, musste sie ziemlich groß sein. Es war eine große Herausforderung – den nötigen Platz auf so einem kleinen Grundstück unterzubringen.
Da eines der wichtigsten Elemente des Designs die Menschen selbst sind, bestand unsere Aufgabe darin, ein Bezugssystem für sie zu schaffen. Wir haben viel Plastik verwendet, damit das Material den Menschenmengen standhält. Teilweise auch, damit die Servicekräfte, vornehmlich junge Mädchen, die Möbel bei Bedarf verschieben können. Die Möbel und die Inneneinrichtung mussten sowohl feuchtigkeits- als auch kältebeständig sein. Wenn man im Winter die Heizung abstellt, darf nichts passieren. Wir konnten weder prachtvolle Textilien noch Teppiche verwenden – laut der Idee können die Gäste im Sommer im Bikini kommen und könnten Strandsand auf den Boden streuen.
Aet: Die Idee war es, den Kunden einen lebhaften non-stop Ort zum Essen und Trinken zu schaffen, an dem die sorglosen Sommerurlauber fröhlich den Morgen, den Tag, den Abend sowie die Nacht mit Freunden und von ihnen geliebten Menschen verbringen können. Es sollte ständig belebt leiben – leuchtende, einladende Farben und große, sich bewegende Menschenmengen. Daraus entstand die Idee, kräftige Farben wie Türkisblau, Pink und Neontöne zu verwenden. Wir haben die alten Gebäude mit georgianischen Säulen als Basis genommen und versucht, das alte Miami-Barleben einzufangen und nachzubilden. Wir wollten den wahren Wirrwarr und die Elektrizität des Nachtlebens vermitteln. Das alte Haus aus den 50er Jahren hätte für diese Idee zwar auch gepasst, aber es war in einem so schlechten Zustand, dass ein neues gebaut werden musste.
Hillar: Da der Wunsch bestand, im ersten Obergeschoss eine Terrasse anzulegen, wurden Dachschichten und Dämmungen gebraucht, die mit der Bausubstanz des Altbaus nicht hätten ausgeführt werden können. Alles in allem hätte man quasi eine Jacke rund um den Knopf nähen müssen. Daher entschied sich der Kunde schweren Herzens das alte Gebäude abzureißen und ein neues zu bauen.
Aet: Die Zusammenarbeit mit dem Architekten war sehr cool und reibungslos, und das Ergebnis ist wunderbar!
Hillar: Der Kunde hat eine sehr große Investition getätigt, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Ort nur drei Monate geöffnet ist – nur in der Sommersaison. Allgemein betrachtet scheint es auf den ersten Blick, dass hier nicht so viel Geld investiert wurde, dass es noch mehr sein könnte. Aber wenn man bedenkt, wie lange der Ort geöffnet ist, war die Investition sehr groß. In dieser Hinsicht ist das ganze Konzept sehr interessant.
Hillar: Einer meiner Favoriten sind die leuchtenden Outdoor-Möbel, die ich vorher noch nirgendwo verwendet hatte. Als das Objekt fertig war, dachte ich mir, dass dieses Element noch mehr hätte betont werden können. Die leuchtenden Möbel wirkten in der Dämmerung besonders cool, wenn der Tag in die Nacht übergeht. Leider waren sie im Vergleich zu den restlichen Möbeln eher teuer und konnten daher nicht noch mehr verwendet werden.
Aet: Mein Favorit ist die gestreifte Glasblocktheke – ein sehr massives und sich wiederholendes Element, das sowohl im Erdgeschoss als auch auf der ersten Etage organisiert in der Mitte des Raums platziert ist und den Raum gut zusammenfasst. Dazu kommt das Konzept des farbigen Lichts mit leuchtenden Möbeln.
Hillar: Diese Theke stand von Anfang an fest, als der Architekt zu uns kam. Sie musste von der Straße aus sichtbar sein und für die vorbeigenden Menschen einladend wirken. In dem alten Holzhaus war die erste Etage völlig ungenutzt. Unser Ziel war es, den Besucher auch dorthin zu bringen. Leuchtende Tresen wirken ein bisschen wie ein Leuchtturm und ziehen Menschen an. Da das gesamte Gebäude aus Glas besteht, sehen auch die Theken schön aus.
Aet: Mit dem Design ist es so, dass man wie eine Art Schauspieler ist und sich an den Kunden und die von ihm gestellten Aufgaben und Herausforderungen anpasst. Die Schönheit und der Schmerz des gesamten Prozesses liegen darin, möglichst geschickt sich selbst treu zu bleiben und das zu tun, was einem selbst und letztendlich auch dem Kunden gefällt. Der Auftraggeber dieses Projekts war uns bereits bekannt – wir haben in der Vergangenheit für ihn mehrere Aufträge ausgeführt, daher glauben wir, dass er unsere Handschrift kannte. Wir haben auch unsere eigenen Insider-Witze mit dem Kunden, dass „wir diesmal nicht die 70er machen!“ – als Anmerkung müssen wir zugeben, dass wir diese Ära sehr mögen. Aber mit diesem Projekt haben wir stattdessen die 90er gemacht!
Hillar: Ein Kunde hat mich kürzlich gefragt, ob Designer in Estland einen eigenen Stil haben. Estland ist so klein, dass man, egal ob man es mag oder nicht, gezwungen ist, von allem ein bisschen zu tun. An einem Unterhaltungsort ist es so, als ob man die Bühnengestaltung schaffen würde. Die Hauptidee muss den Designer begeistern, dann ist es auch spannend für ihn.
Natürlich könnte man alle Orte gleich einrichten, basierend auf dem eigenen Stil. Viel spannender ist es jedoch, wenn man sich an den Besonderheiten des Ortes orientiert und sich den eigenen Trubel und die eigene Geschichte für das Projekt ausdenkt. Die Hauptinspiration für dieses Projekt war der Sommer in Pernau – er ist nirgendwo anders als in Pernau zu finden. Schwüles Klima und ein endloses Getümmel – das sollte die Miami Lounge beschreiben.
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